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18/09/2019
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Aufmerksamkeit für kranke Neugeborene – Eine Investition in unsere Zukunft

Aktuell steht das Thema „Gesunde Neugeborene“ im Mittelpunkt der – nicht nur medialen – Aufmerksamkeit, ausgelöst durch Berichte über gehäuft aufgetretene Fehlbildungen bei Neugeborenen. Dabei wird auch die Forderung nach einem Fehlbildungsregister laut, ein Wunsch der von der DSKN-DEUTSCHE STIFTUNG KRANKEN NEUGEBORENE ausdrücklich unterstützt wird. Gleichzeitig fordert die DSKN mehr politische Aufmerksamkeit – unabhängig von tagesaktuellen Ereignissen – für die Belange kranker Neugeborener und ihrer Familien. Investitionen in die Forschung zur Verbesserung der feto-neonatalen Gesundheit sind eine Investition in die kommende Generation und damit in unsere Zukunft.

Auslöser der aktuellen Berichterstattung sind Informationen aus einem Gelsenkirchener Krankenhaus, in dem innerhalb kurzer Zeit drei Neugeborene mit Fehlbildungen der Hände geboren wurden. Im Zusammenhang mit Berichten einer regionalen Häufung von Neugeborenen mit Extremitätenfehlbildungen in Frankreich und in Erinnerung an die Erfahrungen zu den Auswirkungen des Schlafmittels Contergan werden Befürchtungen laut, dass diesen Fehlbildungen eine gemeinsame Ursache zu Grunde liegt.
Prinzipiell sind Fehlbildungen bei Neugeborenen nicht ganz ungewöhnlich. Im Europäischen Register für Fehlbildungen (EURO-CAT) finden sich jährlich ca. 25 Fehlbildungen pro 1000 Neugeborene, eine Anzahl, die über die vergangenen Jahre relativ konstant blieb. Bezogen auf Fehlbildungen der oberen Extremitäten wurde im Jahr 2017 in Sachsen-Anhalt auf 1.127 Geburten ein Kind mit einer entsprechenden Auffälligkeit gemeldet.
In vielen Fällen werden Fehlbildungen – auch dank der hervorragenden Schwangerenvorsorge in Deutschland – bereits vor der Geburt bekannt. In einigen Fällen werden die Eltern aber auch erst nach der Geburt mit der Erkrankung des Neugeborenen konfrontiert. In beiden Fällen stellt sich schnell die Frage nach der Ursache.
Prinzipiell lassen sich drei mögliche Ursachengruppen für das Entstehen von Fehlbildungen unterscheiden. (I) Genetische Erkrankungen können entweder neu auftreten oder aber von den Eltern vererbt werden. Diese sind häufig mit einem sehr typischen Fehlbildungsmuster assoziiert und lassen sich so teilweise relativ einfach erkennen. (II) Mechanische Ursachen können zu einer Beeinträchtigung des Wachstums, insbesondere der Extremitäten, führen. So können Ein- oder Abschnürungen durch die innere Schicht der Eihaut, die sogenannten Amnionbändern, auftreten. Ein vorzeitiger Blasensprung mit Verlust des Fruchtwassers ist oft mit Fehlbildungen der Extremitäten assoziiert. (III) Letztlich können Fehlbildungen ihren Ursprung in einer gestörten embryonalen Entwicklung haben. Die Schädigung tritt meistens während der ersten zwei Schwangerschaftsmonate auf, in einer Zeit also, in der die Frau oftmals noch nicht weiß, dass sie schwanger ist. Neben einer Infektion (wie z.B. Röteln) kann die Schädigung durch Medikamente, Umweltgifte, andere Substanzen wie Drogen und Alkohol, oder aber auch das Fehlen von Nährstoffen (z. B. Folsäure) ausgelöst werden.
Während genetische Ursachen und auch Infektionen häufig als Ursachen für die Fehlbildungen erkannt werden, gestaltet sich das Erkennen von substanzvermittelten Fehlbildungen schwieriger. Ist die Einnahme von Substanzen bekannt, ermöglichen Datenbanken eine Aussage, wie wahrscheinlich eine vorgeburtliche Schädigung ist. Da aber die Fehlbildungen oftmals nur sporadisch auftreten, ist eine genaue Ursachenanalyse sehr wichtig.
Mit dem „Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Universitätsmedizin Berlin“ ist in Deutschland ein mit öffentlichen Geldern gefördertes Institut verfügbar, welches unabhängige Informationen zur Verträglichkeit von Arzneimitteln in der Schwangerschaft und Stillzeit anbietet. Hiermit besteht die Möglichkeit, Informationen zum Einfluss von Medikamenteneinnahmen auf das Neugeborene zentral zu sammeln. Allerdings werden nur gemeldete Fälle registriert, bei denen die Einnahme von Medikamenten bekannt ist.
Für Deutschland liegen jedoch keine systematischen Untersuchungen zum Auftreten von angeborenen Fehlbildungen vor. Die im Rahmen der Qualitätssicherung bundesweit zu erfassenden Daten zur Geburt werden zu dieser Fragestellung bisher nicht genutzt. Während sich auf europäischer Ebene viele Länder an einer Erfassung angeborener Fehlbildungen beteiligen (https://eu-rd-platform.jrc.ec.europa.eu/eurocat/eurocat-data), liefert aus Deutschland nur das Bundesland Sachsen-Anhalt Daten. Dort werden die Daten zu Fehlbildungen bereits seit 1980 gesammelt und regelmäßig veröffentlicht (http://www.angeborene-fehlbildungen.com).
Die DSKN-DEUTSCHE STIFTUNG KRANKE NEUGEBORENE unterstützt ganz ausdrücklich die Forderung nach einer zentralen Erfassung angeborener Fehlbildungen. Dieses Register wäre ein wichtiger Schritt zu einem besseren Verständnis für die Entstehung und damit möglicherweise auch zum Vermeiden dieser Erkrankungen Neugeborener. Die betreuenden Mediziner erhalten so die Möglichkeit, rechtzeitig auffällig Häufungen von Fehlbildungen zu erkennen.
Gleichzeitig fordert die DSKN-Deutsche Stiftung Kranke Neugeborene mehr politisches Engagement, Maßnahmen finanziell zu unterstützen, die zu einer signifikanten Verbesserung der vorgeburtlichen Versorgung in Deutschland führen. Gesunde Neugeborene sind ein wichtiger Garant für eine lebenslange Gesundheit. Investitionen in die Forschung zur Verbesserung der feto-neonatalen Gesundheit sind eine Investition in die kommende Generation und damit in unsere Zukunft.